Die Geschichte des Herder-Zentrums an der Universität Danzig ist eng mit der Gründung des Instituts für Deutsche Philologie (IFG) an der Universität verbunden. Im Juli 1989 wurde der erste Jahrgang des Masterstudiengangs gegründet und etwa 20 Kandidaten wurden zum Studium zugelassen. Das Interesse der Studenten an dem neu entstandenen Studiengang war groß, aber es fehlte an akademischem Personal. Die Gründung des IFG wurde schließlich durch die Bemühungen von Prof. Stefan Zablocki ermöglicht, der auch an der Organisation des Lehrstuhls für Klassische Philologie und Neulateinische Studien am UG beteiligt war.
Vor 1989 gab es keine politische Zustimmung zur Einrichtung einer Germanistikabteilung in Danzig. Erst der Beginn der 1990er Jahre war eine Zeit großer Veränderungen und der Hoffnung auf Normalität. Am 3. Oktober 1990 wurde Deutschland wiedervereinigt und zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten die Polen legal über die Grenzen der DDR hinaus reisen.
Das Konsulat der DDR in Danzig, das 28 Jahre lang bestanden hatte, wurde aufgelöst und durch das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland (BRD) ersetzt. Zwischen 1990 und 1993 war Dr. Nelly Marianne Wannow die erste Konsulin der neu gegründeten diplomatischen Vertretung des wiedervereinigten Deutschlands in Danzig. Sie hatte die Stadt im März 1945 im Alter von 11 Jahren verlassen. Nach 45 Jahren kehrte sie nach Danzig-Wrzeszcz zurück, von wo aus sie und ihre Mutter per Schiff nach Dänemark evakuiert wurden. In Nelly Marianne Wannows Memoiren „Ich war und bin eine Danzigerin“ kann man lesen, dass sie unmittelbar nach dem Krieg das Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Dänemark besuchte, das während des Krieges aus Berlin evakuiert worden war.
Deswegen als an der Universität Danzig 1990 eine Stiftung zur Förderung der deutschen Sprache und Kultur gegründet werden sollte, schlug sie J. G. Herder als Schirmherrn der Stiftung vor. Johann Gottfried Herder, Philosoph und Schriftsteller der Aufklärung, wurde 1744 in Morąg (Mohrungen) geboren, etwa 100 km östlich von Danzig, wo sich heute das J. G. Herder Museum in einem ehemaligen Wohnhaus der preußischen Adelsfamilie zu Dohna befindet.
Die Gründungsurkunde der J. G. Herder Stiftung wurde am 27. Februar 1991 von den damaligen Staatspräsidenten Polens und Deutschlands unterzeichnet: Lech Walesa und Richard von Weizsäcker. Das Hauptziel der Herder Stiftung war und ist die Unterstützung von Lehr- und Forschungsaktivitäten im Bereich der deutschen Sprache und Kultur an der Universität Danzig. Diese Ziele wurden und werden neben dem Herder Zentrum auch von dem Institut für Deutsche Philologie, der Sektion der deutschen Sprache am Fremdsprachenzentrum und bis 2007 auch vom Kolleg für Fremdsprachenlehrerausbildung (KKNJO) und seit ein Paar Jahren Institut für Angewandte Linguistik verfolgt.
Einige Jahre später, am 23. Mai 1995, wurde das Herder Zentrum offiziell eröffnet. Bei der Eröffnung waren unter anderem der Nobelpreisträger Günter Grass und die Schriftstellerin Christa Wolf anwesend. Das Herder Zentrum wurde in einem Gebäude im Stadtzentrum in der Ogarnastraße 26 untergebracht, was es dem Herder Zentrum ermöglicht, seine strategischen Ziele der Förderung der deutschen Kultur und Sprache nicht nur in der akademischen Gemeinschaft, sondern auch bei den Einwohnern der Dreistadt zu verfolgen. Die Anfänge waren schwierig: Wir mussten die gesamte Buchsammlung von Grund auf neu aufbauen, die Zusammenarbeit mit vielen Institutionen und interessanten Menschen etablieren, eine Gruppe von mehreren erfahrenen Dozenten organisieren und die Ziele der Herder Stiftung in die Praxis umsetzen.
In den ersten zwei Jahren wurde das Herder-Zentrum von Aneta Jarniewicz, einer ehemaligen Dozentin am Lehrstuhl für Deutsche Philologie der Danziger Universität, geleitet. Sie war es, die zur Entwicklung des Herder-Zentrums beitrug, die Bibliothek und den Lesesaal mitbegründete, die die ersten Treffen, Vorträge, Ausstellungen und die ersten Deutschkurse organisierte. Dank der von ihr geleisteten Arbeit, die von Dr. Maria Żukowska und anderen früheren und derzeitigen Mitarbeitern fortgesetzt wurde: Inga Januszko, Zbigniew Zembrzuski, Maciej Nuszkiewicz und Dr. Anna Kowalewska-Mróz ist das Herder Zentrum eine hochgeschätzte Einrichtung der Universität Danzig in der Dreistadt und Pommern. Wir waren und sind die einzige Einrichtung dieser Art in unserer Region, eine Bibliothek und ein Lesesaal für deutschsprachige Bücher und Zeitschriften, sowie ein Zentrum für Kultur und die Verbreitung der deutschen Sprache. Wir führen zahlreiche Projekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch, wir bieten Sprachkurse an und seit 2022 sind wir auch ein Prüfungszentrum des Goethe-Instituts.